Geschichte

Die Geschichte der Klaushofstube

Der Flurname "Klaushof" leitet sich vom Wort "Klause" ab. Als eine Klause bezeichnete man seit dem Mittelalter ein Wehr, das zum Aufstauen von Gewässern für die Flößerei (regional auch: Trift) errichtet wurde.

Wenn die Flößer im Staubecken, gegebenenfalls auch zusätzlich entlang des Unterlaufs, genügend gefällte Baumstämme oder Schnitt- oder Scheitholz angesammelt hatten, wurde der Verschluss der Klause geöffnet und das gestaute Wasser einschließlich des Holzes abgelassen. Mit dem künstlichen „Hochwasser“ wurde das Holz über weite Strecken mitgeschwemmt und von den Flößern geführt, ehe man es an einer Landestelle aus dem Wasser holte. (Quelle: Wikipedia)

Die Klause am östlichen Ende des Gosautals staute das Wasser des Gosaubachs und ermöglichte so den Transport von Brenn- und Bauholz zur Saline in Hallstatt am ca. 200 Höhenmeter tiefer gelegenen Hallstätter See. Sie ist urkundlich erstmals 1540 erwähnt. Gosau war damals ein wichtiger Holzlieferant für die Saline, und die heutige Fahrstrasse zum See herunter existiert erst seit etwa 130 Jahren.

Der Standort der historischen Klause ist heute noch deutlich erkennbar: Es ist die Staumauer des Wasserkraftwerks Steeg (Gesamtleistung 20 Megawatt), die 1908 errichtet wurde und bis heute das Stauwasser des Gosaubaches durch unterirdische Druckrohre zum Kraftwerk in Steeg am Nordende des Hallstätter Sees leitet.

Am Platz der heutigen Klaushofstube, etwa 10 m oberhalb des Normalpegels des Gosaubaches und somit geschützt vor den früher häufigen Hochwassern, dürften schon seit dem Mittelalter Gebäude gestanden haben. Einige Historiker vermuten hier den Standort der Gosauer Salzpfannen des Herzogs Albrecht I. von Österreich, deren Existenz den sogenannten Österreichisch - Salzburgischen Salzkrieg von 1291 bis 1297 zwischen dem Herzog und dem Erzbischof Konrad IV. von Salzburg ausgelöst hatte.

Auch auf der frühesten detaillierten Karte des Gosautals, dem Franziszeischen Kataster von 1817-1824, welcher zu Zwecken der Steuererhebung österreichweit angelegt wurde, ist am Standort unseres Jagdhaus bereits ein steuerpflichtiges Gebäude eingetragen. Dieses diente vermutlich seit langem Flößern und Holzknechten als Unterkunfts- und Werkstattgebäude zum Betrieb der Gosauer Klausenanlage.

Klaushofstube Karte 1824
Klaushofstube (orange umrandet) in der "Urmappe" von 1824. Quelle: DORIS Digitales Oberösterreichiches Raum-Informationssystem

Im Jahre 1870 wurde dann die Klaushofstube in ihrer heutigen Gestalt als 1½-stöckiges Wohngebäude in massiver Rundbohlen-Bauweise errichtet. Noch heute ist die Jahreszahl des Baujahrs als gravierte Inschrift im Türbalken des Haupteingangs zu lesen. Beim Bau des heutigen Gebäudes dürften wohl Fundament- und Balkenteile des Vorgängerbauwerks weiterverwendet worden sein. Im Zuge der jüngsten Renovierungsarbeiten wurden in einigen Holzbalken handgeschmiedte Nägel gefunden, die in dieser Form nach ca. 1800 nicht mehr hergestellt wurden.

Die Klaushofstube war als herrschaftliches Jagddomizil konzipiert: Im Erdgeschoss eine große, alpenländische Wohnküche und daneben ein noch größerer Schlafraum, welcher dem Jagdherren als Privatgemach diente. Das Obergeschoss erhielt einen eigenen Aufgang an der Hüttensüdseite und bestand aus einer Wohnküche, in der z.T. auch geschlafen wurde, einem separaten Schlafzimmer für die Jagdgenossen und einem einfachen Schlaflager für die Pferde- und Jagdknechte. An Stelle des heutigen Wirtschaftsgebäudes östlich des Jagdhauses stand bis vor etwa 25 Jahren ein großer Stall für die Reitpferde, die seinerzeit bei Jagden von "Herrschaften" unerlässlich waren. Badezimmer gab es nicht. Gewaschen wurde, wenn überhaupt, in der Küche mit Wasser vom nahen Bach, und als Toilette stand irgendwo ein Häuserl im Wald...

Das ganze Gebäude war für eine normale Jagdhütte sehr großzügig dimensioniert. So beträgt z.B. die Deckenhöhe im Erdgeschoss 2,65m; für alpine Häuser in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein ungewöhnlich großes Maß.

Alter Grenzstein
Alter Grenzstein vor der Hütte

Die Klaushofstube gehörte damals zum Bestand des k.k. Kammergutes, in der alle kaiserlich-königlichen Salinenregionen nebst den dazugehörigen Waldgebieten zusammengefasst waren (daher auch der umgangssprachliche Name "Salzkammergut", der bis heute unsere Region bezeichnet). Die Grenzsteine, die den Kammerguts-Besitz von dem bäuerlichen Privatgrund im Talboden abgrenzten, sind bis heute in der unmittelbaren Umgebung des Jagdhaus deutlich zu erkennen.

So war es denn auch nicht verwunderlich, dass der jagd- und bergbegeisterte Kaiser Franz Josef I., der das nahegelegene Bad Ischl zu seiner Sommerresidenz erwählt und sich dort 1853 mit seiner zukünftigen Frau Elisabeth ("Sisi") verlobt hatte, in den Sommermonaten oft nach Gosau mit Ehefrau und großem Gefolge zu Jagdausflügen kam. Zahlreiche historische Fotos sind von diesen glücklichen Tagen erhalten.

Wie jedem "Sisi-Fan" bekannt, verlief die Ehe zwischen Franz Josef und Elisabeth leider nicht glücklich, woran auch zahlreiche Hofintrigen ihren Anteil hatten. Der Kaiser vereinsamte immer mehr, und zog es vor, seine Jagdausflüge im kleinsten Kreis, nur mit einigen wenigen Jagdgenossen oder gänzlich inkognito zu machen. Für seine privaten Jagden in der Gosau wählte er immer häufiger die Klaushofstube als Standquartier; war sie doch von Bad Ischl aus als erstes im Gosautal zu erreichen und lag damals weit abseits des eigentlichen Ortskerns und direkt am Fuße eines - auch heute noch - erstklassigen Jagdreviers. Im Zuge der Hüttenrenovierung in 2013/14 wurde ein altes Foto des Kaisers mit 5 Jagdgenossen und einem kapitalen Hirsch aufgefunden; noch im Originalrahmen von 1912 und dem Siegel des "k.k. Hof-Vergolder Rudolf Bauer Wien" auf der Rückseite; es hängt jetzt in der "Kaiserstube", der historischen Wohnküche im Erdgeschoß der Hütte.

Kaiserjagd
Franz-Josef I. (3. von links) auf Jagd im Salzkammergut 1912

Es spricht vieles dafür, u.a. die Bauzeit der jetzigen Klaushofstube (um 1870 war die Krise zwischen Franz Josef und seiner Ehefrau offenkundig geworden; der Kaiser durch den verlorenen Krieg mit Preussen verbittert) und der Grundriss des Gebäudes nebst Stallungen sowie die Qualität der damaligen Bauausführung, dass die Klaushofstube von Beginn an durch die Kammergut-Verwaltung als "kaiser-taugliches" Jagdhaus für seine Sommeraufenthalte geplant wurde. Beweisen lässt sich das leider derzeit noch nicht; ein entsprechendes Dekret ist bis dato in den Archiven noch nicht entdeckt worden.

Mit dem Tod Kaiser Franz Josefs im Jahre 1916 und dem Zusammenbruch des Kaiserreiches als Folge des Ersten Weltkriegs begannen wechselvolle Jahre für die Klaushofstube. Der gesamte Besitz des ehemaligen k.k. Kammerguts und des k.k. Forstärars fiel an die junge Republik Österreich, die 1923 den Wald- und Forstbesitz, einschließlich der Gebäude, in eine neu gegründete Gesellschaft, die Österreichische Bundesforste AG (ÖBF), überführte.

Bis in die 50er-Jahre des vorigen Jahrhunderts wurde die Hütte vor allem als Holzknechtshütte, also als Unterkunft für Holz- und Forstarbeiter während der Arbeitswoche, und gelegentlich als Unterkunft für den Revierjäger genutzt. Statt rassiger Reitpferde standen im Stall nun massige Haflinger und Ochsen, ohne deren Kraft als Zugtiere damals keine Holzbringung denkbar war.

Während der düsteren Zeit des Zweiten Weltkriegs, als Österreich unter nationalsozialistischer Herrschaft stand, waren in der Klaushofstube sogar russische Kriegsgefangene untergebracht, die als Hilfskräfte auf den umliegenden Bauernhöfen oder bei der Waldarbeit arbeiten mussten. Aus dieser Zeit existiert noch eine kyrillische Inschrift im unteren Türstock, die einer der damaligen Bewohner dort einritzte. Immerhin wurden die Kriegsgefangenen als willkommene Arbeitskräfte von der einheimischen Bevölkerung wohlwollend aufgenommen, und bekamen auf den Höfen sicher ein besseres Essen, als dies in Fabriken oder gar im Gefangenenlager der Fall war.

Mit zunehmender Mechanisierung der Forstarbeit und der Entwicklung geländegängiger Fahrzeuge entfiel aber die Notwendigkeit, den Forstarbeitern eine Unterkunft nahe der Arbeitsstelle bereitzustellen. So wurde das Erdgeschoss der Hütte dann an wechselnde Jagdpächter vermietet; das Obergeschoss diente als Übernachtungsmöglichkeit für Revierjäger und Jagdhelfer oder wurde in den Sommermonaten auch wochenweise als Ferienwohnung an Mitarbeiter der ÖBF und deren Familien vermietet. Aus dieser Zeit ist noch die alte Hüttenordnung von 1966 im Original erhalten: So werden z.B. in §13 der Hüttenordnung die Gäste nachdrücklich belehrt, dass "Jagdhunde nicht in Betten oder auf bundesforsteigenen Decken" zu liegen haben und "entsprechend zu verwahren"  sind, auch "sind für die Hunde eigene Freßgeschirre zu verwenden"! Und für das Jahr 1975 wird der Übernachtungspreis pro Erwachsenem auf 7,- Österr. Schilling je Nacht festgelegt (das entspricht nominell heute 0,51 Euro), für Kinder sind 3 Schilling fällig, artige Jagdhunde sind frei...

Hüttenordnung 1966
Strenges Regiment vor 60 Jahren: Jagdhunde dürfen nicht im Bett liegen !

Zeitweise wurde das Obergeschoss auch für je eine Sommersaison zu einem symbolischen Preis an einen "Hüttenschreiber" vermietet, einem Schriftsteller, der dort in der Waldesruhe jeweils für ein halbes Jahr ungestört seiner literarischen Arbeit nachgehen konnte.

Leider erwirtschaftete diese Art der Nutzung bei weitem nicht die finanziellen Mittel, die zum langfristigen Erhalt oder gar einer Modernisierung der Hütte nötig gewesen wären. Zudem gab es kaum noch Feriengäste, die einen Urlaub ohne jeglichen Komfort "erleben" mochten: Toilette als Plumpsklo draußen, fließend Wasser nur kalt, Heizung nur mit Holzöfen, immerhin elektrisches Licht (das kam erst 1930 ins Gosautal!), aber die Leitungen so schwach, dass nur eine kleine Kochplatte zu betreiben war.

So verfiel die Hütte im Laufe der Jahre zusehends; insbesondere der Innenbereich und die Dachdeckung befanden sich in einem beklagenswertem Zustand. Lediglich die enorm solide Substanz des Baukörpers aus der Kaiserzeit trotzte noch dem Zahn der Zeit und den Unbillen des Wetters. Schließlich wurde bei den ÖBF sogar über einen ersatzlosen Abriss der Hütte nachgedacht.

Darum war es eine glückliche Fügung, dass die jetzigen Besitzer der Klaushofstube, ein deutsch-schweizerisches Unternehmerehepaar, durch Zufall auf dieses historische Kleinod im Skigebiet Dachstein-Gosau-Annaberg aufmerksam wurden. Gemeinsam mit den Österreichischen Bundesforsten wurde ein detaillierter Plan zur umfassenden, aber behutsamen und historisch korrekten Sanierung und Moderniersung ausgearbeitet. Ziel war es, den Charakter der Hütte als historisches Jagdhaus zu erhalten, gleichzeitig aber den Standard eines gehobenen Feriendomizils zu schaffen und eine Nutzung als komfortables Gästehaus für insgesamt bis zu 6 Personen ganzjährig zu ermöglichen. Wärmedämmung, Elektro-Installation, sanitäre Anlagen und Abwasserentsorgung sollten dem neusten Stand der Technik entsprechen; alle verwendeten Materialen und Techniken aber baubiologisch einwandfrei und umweltverträglich sein; wo immer möglich, sollten Baumaterialien aus regionaler Herkunft verwendet werden.

Umbau Dach
Hüttensanierung 2013/14: Die Klaushofstube bekommt ein neues Dach. Kaltdach-Aufbau mit mineralischer Isolierung und Lärchendeckung.

Eine besondere Herausforderung war dabei die Abwasserentsorgung. Die Klaushofstube liegt ausserhalb des öffentlichen Kanalisationsnetzes; die Trinkwasserversorgung erfolgt seit altersher über eine eigene Quelle, ca. 200 m oberhalb der Hütte am Berghang. WCs gab es bis dato nicht; das restliche Abwasser versickerte "irgendwo". Für die neue Nutzung kam eine klassische Senkgrube, wie sie bei vielen Berghütten immer noch üblich ist, nicht in Frage; auch aus ökologischen Gründen. Deshalb entschieden sich die Bauherren für den Bau einer eigenen, vollbiologischen 3-Phasen Kleinkläranlage (SBR, Sequenced Batch Reactor), an deren Auslauf das gereinigte Wasser in nahezu Trinkwasserqualität in den nahen Gosaubach eingeleitet wird. Die Anlage arbeitet vollautomatisch computergesteuert; die Technik befindet sich in einem großen unterirdischen Container auf dem nördlichen Hüttengrundstück und entspricht im Prinzip dem einer modernen kommunalen Kläranlage.

Planungsbeginn war im Mai 2013, und Dank der Leistung und des Engagements aller Beteiligten, insbesondere auch der ortsansässigen Handswerksbetriebe, konnte die neu renovierte Hütte im Frühjahr 2014 als bezugsbereit übergeben werden.

Seitdem dient die Klaushofstube sommers wie winters Freunden der Berge zu Erholungs- und Urlaubszwecken. In belegungsfreien Zeiten wird die Wohnung im Obergeschoß des Jagdhauses auch an Urlaubsgäste als Ferienwohnung vermietet.

So hat die alte Klaushofstube wieder eine bestimmungsgemäße Nutzung erhalten. Mögen diese historischen Räume in Zukunft ihren Gästen, und insbesondere den Kindern, Erholung, Freude und wunderschöne Urlaubserlebnisse in unserer herrlichen und gesunden Bergwelt schenken!